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Im ersten Blog-Beitrag zum Thema „Vom Outsourcing zum Smart Sourcing“ habe ich mich mit dem Thema Smart Sourcing im Rahmen der Sourcing-Strategie beschäftigt und damit, dass es Unternehmen heute besser gelingt, sogenannte „Multi-Vendor-Strategien“ oder „Best-of-Breed Sourcing-Modelle“ umzusetzen.

Smart Sourcing ist die strategische Umsetzung des definierten Sourcing-Mix. Dies gilt sowohl für das IT-Sourcing von IT-Projekten als auch für das IT-Sourcing von dauerhaft zu erbringenden IT-Services.

In diesem Blog-Beitrag beschäftige ich mich mit dem Smart Sourcing von Application Management Services (AMS).

Immer wieder Akronyme

Heute findet man eine Vielzahl an Servicekompositionen und produktifizierten AMS-Dienstleistungen am Markt. Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl an gängigen Akronymbildungen und Namensgebungen für IT-Services rund um Applikationen.

Bei der Betrachtung dieser Übersicht wird deutlich, dass ein Akronym auch unterschiedliche Servicekontexte darstellen kann. Daher empfiehlt es sich beim Austausch zu diesem Thema die Leistungsinhalte (Scope) gleich am Anfang klar abzugrenzen.

Im Folgenden verwenden ich den Ansatz des AMS für Application Management Services.

Application Management Services (AMS)

Application Management Services (AMS) sind IT-Services, die ganz oder teilweise den reibungslosen Betrieb von Softwareanwendungen in einem Unternehmen sicherstellen. Dies reicht von der täglichen Wartung (Application-Operations) über Updates bis hin zur Weiterentwicklung.

Typische Leistungsinhalte und Funktionen von AMS sind:

  • Installation und Konfiguration: Die Software wird so installiert und konfiguriert, dass sie in die bestehende IT-Landschaft passt und den vorgegebenen Richtlinien entspricht. Dazu gehören technische Vorgaben, Sicherheits- oder Compliance-Richtlinien
  • Betrieb und Wartung: Die Anwendungen werden überwacht und bei Bedarf gewartet.
  • Incident Bearbeitung und Fehlerbehebung: Treten Probleme auf, werden diese schnellstmöglich behoben oder an die nächste Problemlösungsinstanz gemeldet.
  • Monitoring und Reporting: Überwachung der Systemleistung und Erstellung von Berichten über die Verfügbarkeit und Nutzung der Anwendungen.
  • Capacity Management: Bereitstellung der benötigten Ressourcen für aktuelle und zukünftige Anforderungen.
  • Updates und Upgrades: Laufende Überprüfung der Software auf Aktualität und Aktualisierung nach Vereinbarung. Dabei kann eine automatische Aktualisierung beispielsweise bei kleineren Patches oder Fixes vereinbart beziehungsweise ein Change-Management-Prozess angestoßen werden.
  • Weiterentwicklung und Pflege: Die Anwendungen werden an neue Anforderungen angepasst und um neue Funktionen erweitert.
  • Testmanagement: Als Teil des Softwareentwicklungsprozesses hat das Testmanagement zum Ziel, die Qualität der Software sicherzustellen. Es umfasst die Planung, Durchführung und Auswertung von Tests.
  • Security Management: Schutz der Anwendungen vor Cyber-Angriffen und Datenverlusten.
  • Dokumentation: Bereitstellung und laufende Pflege der Anwendungsdokumentation

Innerhalb der AMS-Leistungen haben sich zwei gängige Untergruppen etabliert, in denen Leistungsinhalte von AMS zusammengefasst werden:

Application Development and Maintenance (ADM): Hier geht es insbesondere um die Weiterentwicklung und Pflege der Anwendung. Konkret bedeutet dies, dass Anpassungen am Quellcode der Anwendung vorgenommen werden.

Application Operations (AO): Der Fokus liegt auf dem Betrieb und der Wartung der Anwendung. Dabei werden die Anwendungen nach definierten Parametern und KPIs überwacht und bei Bedarf gewartet. Dies kann auch das Einspielen von Updates, Patches und Fixes beinhalten, eine aktive Entwicklung am Quellcode findet jedoch nicht statt.

Dabei ist zu beachten, dass die oben aufgeführten zentralen Leistungsinhalte wie Incident-Bearbeitung, Dokumentation, Reporting, Sicherstellung und Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien etc. im Rahmen der Leistungserbringung berücksichtigt werden, um eine lückenlose Servicekette zu gewährleisten.

Typische Motive für Application Management Services (AMS)

Viele Unternehmen verfügen heute über komplexe Anwendungslandschaften, die über viele Jahre historisch gewachsen, heterogen und manchmal sogar „hysterisch“ sind. Hier findet sich ein Mix aus Individualentwicklungen, Standardanwendungen, SaaS-Anwendungen etc. oft sogar mit unterschiedlichen Versionsständen, unterschiedlichen Patchständen etc.

Die Herausforderung besteht dann häufig darin, dass bei historisch gewachsenen Anwendungen und Anwendungslandschaften nur bedingt Dokumentationen vorhanden sind und das notwendige Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter steckt - auch bekannt als „Kopfmonopole“. Hier liegt ein erhebliches Risiko für Unternehmen, die Betriebssicherheit und Geschäftskontinuität zu gewährleisten. Immer mehr Unternehmen erwägen daher, ihre Anwendungslandschaft ganz oder teilweise an einen auf AMS spezialisierten IT-Dienstleister auszulagern.

Weitere Gründe für die Erwägung für die Nutzung von AMS-Dienstleistern sind:

• Höhere Flexibilität: AMS-Anbieter können schnell auf wechselnde Anforderungen reagieren und neue Technologien einführen.

• Fokus auf das Kerngeschäft: Durch die Auslagerung des Software-Managements können sich Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.

• Skalierbarkeit: Wenn ein Unternehmen wächst oder schrumpft, kann ein AMS-Anbieter die Dienstleistungen entsprechend anpassen.

• Risikominimierung: AMS-Anbieter verfügen oft über umfangreiche Erfahrung und können Risiken minimieren, die mit der Nutzung von Software verbunden sind.

• Kosteneinsparungen: Durch die Bündelung von Ressourcen und die Nutzung von Economies of Scale können AMS-Anbieter oft kostengünstiger arbeiten als interne IT-Abteilungen.

• Einhaltung von Compliance und Regulatorik: AMS-Anbieter können Unternehmen dabei helfen, gesetzliche Vorschriften und Compliance-Anforderungen einzuhalten.

Smart Sourcing von Application Management Services (AMS)

Auch hier ist eine durchdachte Sourcing-Strategie elementar, um den richtigen Sourcing-Mix zu bestimmen. Es stellt sich die Frage, ob das AMS als Ganzes an einen Dienstleister (Single Sourcing) oder an mehrere Dienstleister (Multi Sourcing) ausgelagert werden soll, oder ob eher eine selektive Vergabe von Anwendungen an ausgewählte Dienstleister (Hybrid Sourcing) erfolgen soll. Hybrid Sourcing im AMS stellt eine Kombination aus eigenen Dienstleistungen und externen Dienstleistern dar.

• Gesamte Anwendungslandschaft: Die vollständige Auslagerung der AMS ist eine strategische Entscheidung, die sorgfältig abgewogen werden muss. Die Vorteile liegen auf der Hand, aber auch die Risiken sollten nicht unterschätzt werden. Zwei wesentliche Aspekte sind: Verlust von Kontrolle und Know-how, auf die ich später noch eingehe.

• Selektive AMS-Vergabe: Die selektive Vergabe von AMS ist ein Alternative zur vollständigen Vergabe der Anwendungslandschaft. Hierbei werden nicht alle Anwendungen ausgelagert, sondern nur bestimmte Bereiche oder Anwendungen. Auf diese Weise kann auch die Kontrolle über wichtige Anwendungen sichergestellt werden.

• Nutzung von SaaS (Software-as-a-Service): Die Nutzung von SaaS-Modellen ist eine weitere interessante Alternative zu AMS. Hier werden Softwareanwendungen in Form von Services bereitgestellt und können auf Basis eine Nutzungsgebühr genutzt werden. Die Bereitstellung erfolgt in der Regel über das Internet. Wartung und Pflege werden dabei vom Dienstleister übernommen.

Bestimmungen des Leistungsschnitts (Scope):

Die Spezifizierung des Leistungsschnitts ist von zentraler Bedeutung. Sie legt fest, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten vom AMS-Dienstleister erwartet werden und welche Mitwirkungspflichten und Leistungen vom eigenen Unternehmen übernommen werden. Dabei ist es wichtig, klare Schnittstellen zu definieren, um Missverständnisse und Verantwortungslücken zu vermeiden.

Die folgende Abbildung zeigt, wie eine selektive Vergabe von Anwendungen erfolgen kann. Dabei wird jeweils eine Applikation "A1" aus der Konzern-IT und eine Applikation "A2" aus dem Unternehmensbereich 3 an einen AMS-Dienstleister übertragen.

Während beide Applikationen im Leistungsbezug von Application Operations des AMS-Dienstleisters sind, ist bei der Applikation „A1“ zusätzlich das Servicemodul ADM im Leistungsbezug des Dienstleisters.

Smart Sourcing im AMS ist dann sinnvoll, wenn sich Unternehmen in ihrem Sourcing-Mix dafür entscheiden, Teile ihrer Anwendungslandschaft nicht mehr im „Make“ selbst zu betreiben, sondern im „Source“ an spezialisierte Dienstleister auszulagern. Um dabei das Risiko des Kontroll- und Know-how-Verlustes zu vermeiden, können Unternehmen eine selektive Vergabe von AMS-Leistungen einsetzen.

Was ist der Unterschied zu traditionellem AMS?

Traditionelles AMS ist eher ein operativer Ansatz, der sich auf den stabilen Betrieb von Anwendungen konzentriert. Smart Sourcing im AMS hingegen ist ein strategischer Ansatz, der durch flexible und modulare Ansätze gezielt die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens unterstützt und so eine optimale Balance zwischen Kosten, Kontrolle und Innovation ermöglicht.

Konkret bedeutet dies für Unternehmen:

  • Mehr Kontrolle: Unternehmen behalten mehr Kontrolle über ihre IT-Landschaft, da sie selbst entscheiden können, welche Leistungen sie auslagern und welche intern erbringen.
  • Höhere Agilität: Unternehmen können schneller auf Veränderungen reagieren und neue Technologien einführen.
  • Kosteneffizienz: Durch einen gezielten Vergleich und Auswahl von Dienstleistern im “Make” or “Buy” können Unternehmen Kosten sparen.

Fazit

In diesem Blog-Beitrag habe ich mich intensiv mit dem Konzept des Smart Sourcing im Bereich Application Management Services (AMS) beschäftigt. Im Gegensatz zu traditionellen AMS-Ansätzen, die oft starr und wenig flexibel sind, bietet Smart Sourcing Unternehmen die Möglichkeit, ihre IT-Landschaft zielgerichtet und effizient zu managen.

Durch die flexible Kombination von internen und externen Ressourcen sowie die gezielte Auswahl von Dienstleistern können Unternehmen

  • mehr Kontrolle über ihre IT-Landschaft gewinnen,
  • schneller auf Veränderungen reagieren und
  • Kosten senken.

Smart Sourcing ermöglicht es Unternehmen, ihre IT-Strategie an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen und so Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Im nächsten Blog-Beitrag werde ich auf wichtige Aspekte eingehen, die bei der Auslagerung von AMS-Dienstleistungen berücksichtigt werden sollten, um Risiken zu minimieren und von den Vorteilen des zu profitieren.

Bild Ertan Mutlu

Autor Ertan Mutlu

Ertan verfügt über langjährige Erfahrung im Vertrieb und in der Umsetzung strategischer IT-Projekte. Insbesondere die Transformation zu Cloud-basierten Lösungen und Managed Services zählen zu seinen Schwerpunktthemen. Er war in leitenden Funktionen unter anderem bei AWS, T-Systems und Capgemini tätig.

Neben seiner Verantwortung bei adesso als Partner - Managed Services engagiert er sich als Gastdozent an der Fachhochschule Mainz zu Themen wie IT-Management und Strategic Sourcing.

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