19. Juni 2019 von Marc Jasper
Und täglich grüßt die Digitalisierung (Teil 1)
Denkt ihr beim Lesen des Titels auch direkt an den schönen Film aus den 90er Jahren mit Bill Murray? Als knurriger Wettermann Phil Connors ist Bill in einer Zeitschleife gefangen und muss immer wieder den gleichen Tag erleben: den Murmeltiertag. Jeden Morgen wacht Phil zur schönen Begleitmusik von Sonny und Cher auf und darf später im Fernsehen berichten, wie ein Murmeltier das Wetter für die kommenden Wochen voraussagt.
Ihr fragt euch zurecht, was das Ganze nun mit Digitalisierung zu tun hat. Aber vielleicht stellt ihr euch selber einmal die einfache Frage, wann ihr zuletzt einen Tag erlebt habt, ohne etwas über „die Digitalisierung“ gelesen oder gehört zu haben. Wann hat euch mal nicht jemand berichtet, welches Problem mit „der Digitalisierung“ gelöst wurde oder zukünftig gelöst werden kann? Ich für meinen Teil kann diese Frage nicht eindeutig beantworten und behaupte, auch euch fällt die Beantwortung schwer. Es grüßt also nicht täglich das Murmeltier, sondern die Digitalisierung.
Die Digitalisierung durchdringt alles
Die Digitalisierung hält mittlerweile immer mehr Einzug in unser Leben und durchdringt inzwischen nahezu jeden Bereich. Natürlich ist das grundsätzlich eine tolle Sache, denn es entstehen viele neue Möglichkeiten und Aspekte, die den beruflichen und privaten Alltag enorm vereinfachen – denkt einmal an all die smarten Gadgets.
Viele Experten heben die Digitalisierung jedoch auf ein hohes Podest und deklarieren sie als universelle Allzweckwaffe für nahezu jedes Problem. Durch das zusätzliche und ständige Wiederholen von bekannten Buzzwords wird eine nebulöse Welt erschaffen, in der es kaum noch möglich ist, einen klaren Kopf zu bewahren und Orientierungspunkte zu finden. Diese sogenannten Experten haben es geschafft, ihr eigenes Tätigkeitsgebiet zu mystifizieren.
Um an dieser Stelle noch einmal auf das Einstiegsszenario mit unserem „Wettermann“ Phil zurückzukommen: Es wäre heutzutage nicht mehr verwunderlich, wenn sich selbst das Murmeltier nach einer tollen Wetter-App sehnt oder eine Künstliche Intelligenz heraufbeschwört, damit es seinen Winterschlaf für diese Vorhersage nicht mehr unterbrechen muss.
Diese Mystifizierung hat zur Folge, dass viele Menschen, Unternehmen und Organisationen in eine Form des digitalen Aktionismus verfallen und Buzzwords wie Lemminge hinterherlaufen. Sie springen über jedes „digitale Stöckchen“, dass ihnen hingehalten wird und digitalisieren des Digitalisierens wegen. Aber warum fällt es uns so schwer, der Digitalisierung mit Pragmatismus und gesundem Menschenverstand zu begegnen?
Ich möchte versuchen, die Diskussion rund um die Digitalisierung ein wenig zu entmystifizieren und Ordnung sowie Struktur in das Buzzword-Labyrinth zu bringen.
Die übergeordneten Problemstellungen
Die Herausforderungen rund um die Digitalisierung sind vielfältig und treffen „digitale Anfänger“ genauso wie Unternehmen, die den Pfad der Digitalisierung schon bestreiten. In meiner Beratungstätigkeit erlebe ich - abhängig vom digitalen Reifegrad des jeweiligen Kunden - drei wesentliche, übergeordnete Problemstellungen:
- Womit soll ich überhaupt anfangen, wenn ich mein Unternehmen digitalisiere?
- Welche strategischen Entscheidungen muss ich treffen - im Vergleich zur eher operativen Prozessdigitalisierung oder zur Digitalisierung einzelner Kontaktkanäle?
- Wie kann ich verhindern, dass die zunehmende Dynamik auf der Kundenseite meine eher träge Organisation zukünftig überfordert?
Diese Fragen haben zunächst wenig mit den bekannten Buzzwords zu tun, die sich eher auf eine neue Technologie oder auf eine neue Methode fokussieren. Vielmehr legen diese Fragen ein viel grundsätzlicheres Problem offen: Warum und wofür wird überhaut digitalisiert?
Leider ist es noch oft so, dass Unternehmen und Organisationen Digitalisierung nur als technologische Herausforderung verstehen und dabei strategische, organisatorische sowie kulturelle Aspekte vernachlässigen. So wird der Erfolg der Digitalisierung beispielsweise oft daran gemessen, wie viele neue Apps auf den Markt gebracht wurden oder wie viele Prozesse man „robotisiert“ hat. Die Frage nach dem Beitrag der Digitalisierung zur übergeordneten Unternehmensstrategie kann tatsächlich vielfach nicht konkret beantwortet werden. Außerdem ist es so, dass Digitalisierungsprojekte mittlerweile zwar gut gemanagt werden können - egal ob klassisch oder agil - der Prozess aber leider noch unzureichend geführt wird. Vielen Unternehmen fällt es schwer, einen zwingend erforderlichen digitalen Kulturwandel einzuleiten und das Führungsverhalten und -verständnis auf das digitale Zeitalter hin anzupassen. Nur auf diese Weise können die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Weg mitgenommen werden ohne dass sie unterwegs verloren gehen.
Aber warum ist das so?
Die Antwort auf diese Frage ist dabei ziemlich trivial. In den meisten Fällen fehlt schlichtweg ein ganzheitlicher Handlungs- oder Orientierungsrahmen, der Struktur und Ordnung schafft. Dieser strategische Rahmen setzt die modernen Digitalisierungstrends nicht nur in einen übergeordneten Kontext, er ermöglicht darüber hinaus auch die Beantwortung der Frage, mit welchen Themen sich Unternehmen eigentlich (zuerst) beschäftigen sollten.
Wie geht es weiter?
Nachdem das eigentliche Problem der Digitalisierung geklärt ist, werde ich euch im zweiten Teil meines Blog-Beitrags erklären, wie der angesprochene Handlungs- oder Orientierungsrahmen aussehen könnte. Es geht also spannend weiter.
Ihr interessiert euch für Themen rund um die Digitalisierung? Dann werft auch einen Blick auf unsere Website und ladet euch unser kostenloses Whitepaper "Digitale Transformation: Wir machen das einfach!" herunter. Hier erfahrt ihr alles darüber, wie andere Experten mit den Aufgaben und Herausforderungen der Digitalisierung umgegangen sind.