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Was kommt in der betrieblichen Altersversorgung auf uns zu?

Die Ausgangslage

Mit Blick auf die Entwicklung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) im Jahr 2020 ist festzustellen, dass sich die bAV nicht weiter am Markt durchsetzen konnte. Zusätzlich brach das Neugeschäft in dem Geschäftszweig um knapp 18% ein. In den Vorjahren lässt sich ein Stillstand des Verbreitungsgrades der betrieblichen Altersversorgung beobachten. In Zahlen ausgedrückt, lag der Verbreitungsgrad der bAV im Jahr 2019 bei rund 53,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zum Vergleich: im Jahr 2017 lag dieser Wert bei beinahe identischen 54,6 Prozent. Es lässt sich daher festhalten, dass sich durch die Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG), trotz intensiver Bemühungen und Maßnahmenpakete, aktuell keine zusätzliche Marktdurchdringung abzeichnet.

Welche Maßnahmen wurden unter anderem durch das BRSG eingeführt und welche Bedeutung hat es für die Zukunft der betrieblichen Altersversorgungen, sofern die erwünschte Wirkung ausbleibt?

Eine Bestandsaufnahme

Zur Beantwortung der Frage legen wir den Fokus auf einen Auszug der elementaren Bestandteile des Betriebsrentenstärkungsgesetzes. Einer der wesentlichen Bausteine ist die Einführung des Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 15 Prozent der Entgeltumwandlung beziehungsweise arbeitnehmerfinanzierten bAV. Mit dieser Maßnahme wurde der Arbeitgeber verpflichtet, den steuerlichen und sozialversicherungstechnischen Gehaltsvorteil durch einen Arbeitgeberzuschuss in die betriebliche Altersversorgung der Angestellten einfließen zu lassen. Der Zuschuss gilt seit 2019 für alle Neuzugänge und ab Januar 2022 ebenfalls verpflichtend für alle Bestandsverträge. Aus dem Bericht „Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2020“ vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) geht die Steigerung des Beitragsniveaus in der bAV deutlich hervor. Aus dem stagnierenden Verbreitungsgrad kann geschlossen werden, dass die Erhöhung des Beitragsniveaus größtenteils auf den Ausbau von Bestandsverträgen zurückzuführen ist. Auswirkungen auf die gewünschte Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung sind durch den Arbeitgeberzuschuss nicht erkennbar.

Ein weiterer Bestandteil beschäftigt sich mit der Förderung der Geringverdiener. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, eine neue Förderung für diese Zielgruppe zu schaffen. Die Förderung soll zu einer betrieblichen Vorsorge animieren, um Altersarmut vorzubeugen und eine weitere Absicherung zur gesetzlichen Altersversorgung zu stärken. Unter dem Begriff „Geringverdiener“ gelten ab dem Jahr 2020 Beschäftigte bis zu einem Bruttoeinkommen von 2.575€. Das Grundprinzip ist die Schaffung von Vorteilen und Anreizen für die Arbeitgeber. Über die Arbeitgeber soll der Impuls zur Absicherung über eine bAV erfolgen. Im Gegensatz zum Arbeitgeberzuschuss lässt sich allerdings feststellen, dass trotz der vielversprechenden Förderung der Arbeitgeber keine spürbare Verbreitung in der gewünschten Zielgruppe erfolgte. Es ist lediglich ein geringer Anstieg bei großen Arbeitgebern mit einer Mitarbeiteranzahl von mindestens 500 Personen zu beobachten. Bei klein- und mittelständischen Firmen blieb die Wirkung der Anreize bislang aus.

Schauen wir uns nun das Sozialpartnermodell an. Bei diesem Modell handelt es sich um die Einrichtung eines neuen Durchführungswegs in der bAV. Eine reine Beitragszusage ohne schwerfällige Garantien, die mehr Flexibilität für die Produktgestaltung sowie die Vertragsgestaltung in der Anwartschaftsphase bietet. Dieses Potenzial haben die Versorgungseinrichtungen schnell erkannt und mit hohem Tempo passende Produktsortimente zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte es bereits frühzeitig, erste Sozialpartnermodelle – etwa das Rentenwerk oder die Initiative Vorsorge für Vertragsabschlüsse – bereit zu stellen. Trotz zahlreicher Gespräche zwischen Versorgungseinrichtungen und Gewerkschaften sowie der Entwicklung von flexiblen Produktangeboten bleibt bis heute der finale Startschuss noch aus.

Abschließend betrachten wir noch die Erhöhung des steuerfreien Höchstbetrages. Seit dem 01.01.2020 gelten mittlerweile acht Prozent als steuerfreier Höchstbetrag. Wichtig ist, dass sich die Anhebung von vier Prozent lediglich auf die steuerliche Förderung bezieht. Arbeitsrechtlich und für die Sozialversicherungsbeiträge bleibt es bei den bestehenden vier Prozent. Auch bei dieser Maßnahme konnte keine Erreichung des gewünschten Ziels, die Erhöhung des Verbreitungsgrades, erreicht werden. Es wurde ähnlich wie beim Arbeitgeberzuschuss hauptsächlich eine Erhöhung des Beitragsvolumens durch Bestandsverträge herbeigeführt. Die Ansprache von klein- bis mittelständischen Unternehmen hat mit dieser Maßnahme leider ebenfalls kaum stattgefunden.

Ausblick

Festzuhalten bleibt, dass durch das BRSG viele Verkaufsargumente von Seiten der Versorgungseinrichtungen und Anreize für die Arbeitgeber sowie Verbraucher geschaffen wurden. Dennoch bleiben der gewünschte Erfolg und die flächendeckende Verbreitung des BRSG aus. Neben den Herausforderungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 und 2021 werden hierfür in der Arbeitgeber- und Trägerbefragung (Januar 2021) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales die folgenden Begründungen angeführt: mangelnde Nachfrage der Arbeitnehmer, Kosten für den Betrieb, hoher Aufwand sowie eine zu hohe Fluktuation. Vereinfacht lässt sich zusammenfassen, dass die zahlreichen Anreize aufgrund von komplizierten, kostenintensiven und unbürokratischen Rahmenbedingungen aktuell noch nicht ausgeschöpft werden können.

Welche Folgen bringen der aktuelle Stand und die stagnierende Entwicklung der Maßnahmen des BRSG also mit sich?

Aus dem Bericht der Kommission Verlässlicher Generationsvertrag (März 2020) vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht folgende Aussage hervor: „Die Kommission hält es für notwendig, dass mit der zusätzlichen Altersvorsorge die Erwerbstätigen möglichst umfassend erreicht werden. Ist das bis 2025 nicht der Fall, soll die Verbesserung bestehender Instrumente und die Prüfung weitergehender Maßnahmen erfolgen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die Bundesregierung Vorschläge entwickeln, über die zeitnah entschieden werden kann.“

Ein Teil der sogenannten Vorschläge zur Verbesserung und kurzfristigen Umsetzung wurden bereits in dem BRSG nachjustiert und verankert. Darunter fällt bei den betrachteten Maßnahmen unter anderem die nachträgliche Erhöhung der Geringverdienergrenze sowie die Erhöhung des Arbeitgeber Förderbetrags. In dem Einblick in elementare Bestandteile des BRSG konnten wir feststellen, dass durch die kurzfristigen Nachjustierungen ebenfalls kleine flächenübergreifende Veränderungen herbeigeführt wurden. Eine mögliche Ursache hierfür kann die mangelnde Berücksichtigung der Aspekte aus der Arbeitgeberbefragung sein.

Sofern keine Abhilfen mit digitalen Möglichkeiten vonseiten der Versorgungsträger, Arbeitgeber und des Staates geschaffen werden, ist mit weiteren Änderungsvorkehrungen ab 2025 zu rechnen. In dem Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist die Maßnahme zur Einrichtung eines flächendeckenden Opting-Out-Prinzips als Konsequenz nicht ausgeschlossen. Eine konkrete Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen dieses Modells findet ihr in unserem Blog-Beitrag zum Thema „Braucht Deutschland eine Stärkung der bAV durch ein obligatorisches Opting Out“.

Zusätzlich steht euch Ende Juni ein Fachartikel in der Versicherungswirtschaft über die genauere Betrachtung der Bausteine des BRSG zur Verfügung. Im Fachartikel wird ergänzend auf die digitalen Möglichkeiten zur zielgerichteten Umsetzung der gesetzlichen Maßnahmen Bezug genommen und diese mit passenden Vorschlägen untermauert.

Bild Christopher   Wildt

Autor Christopher Wildt

Christopher Wildt ist als Consultant bei adesso tätig. Bereits seit 2015 ist er im Geschäftsfeld der betrieblichen Altersversorgung unterwegs und beschäftigt sich intensiv mit der Optimierung von Geschäftsprozessen.

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