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Mit der Einführung von SAFe befassen sich Unternehmen, ihre Agile Release Trains (ART) und Teams zwangsläufig auch mit der Definition von Program Increment Objectives (kurz PI Objectives) und der Vergabe von geplantem und realisiertem Business Value. Dabei handelt es sich um ein wertvolles Kommunikationsmittel zwischen dem Business Owner und den Teams. Bei korrektem Einsatz liefert die Vergabe von Business Value pro definiertem PI Objective einen wichtigen Beitrag dazu, Software zu bauen, die den Kundenmehrwert ins Zentrum der Entwicklung stellt.

Insbesondere in der Einführungsphase von SAFe gibt es jedoch einige Stolpersteine, die es im Zusammenhang mit einer wertstiftenden Vergabe von Business Value zu vermeiden gilt. Nachfolgendsind vier häufige Fehler aufgeführt, die sich gegenseitig beeinflussen. Die gute Nachricht vorweg: Der vorliegende Blogbeitrag zeigt auch konkrete Lösungsvorschläge auf.

Fehler 1: Fehlendes gemeinsames Verständnis über das Ziel der Business-Value-Vergabe

Bei der Einführung von SAFe wird der Schulungsfokus innerhalb von Unternehmen oft auf die Agile Release Trains und die dazugehörigen Teams gelegt. Dabei gehen oft weitere Personen mit einer Rolle im SAFe-Konstrukt vergessen, wie zum Beispiel die Business Owner. Geht es dann darum, dass die Business Owner ihre Rolle im Rahmen der Vergabe von Business Value wahrnehmen, wird dies bei fehlendem Verständnis bezüglich Erwartungen an ihre Rolle und Ziel der Session schwierig und wenig zielführend. Ein Bewusstsein über diese Herausforderung sowie eine gute Moderation der Session, zum Beispiel durch den Scrum Master, kann das Problem allenfalls abfedern, jedoch nicht komplett aus dem Weg schaffen.

Fehler 2: Involvieren von Personen ohne relevante Rolle

Nebst dem Business Owner und Team werden gerne auch weitere Personen an die Sessions zur Vergabe von Business Value eingeladen, wie beispielsweise Epic Owner. Durch die Vergrösserung des Kreises an Teilnehmenden steigt jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Fokus der Business-Value-Vergabesession verloren geht. Dieser Fall kann besonders dann auftreten, wenn die zusätzlichen Personen ihre Inputs ebenfalls einbringen wollen und die Situation in Kombination mit dem zuvor genannten Fehler 1 eintrifft.

Fehler 3: Der Fokus der Business-Value-Vergabe liegt zu stark auf einer Zahl

Insbesondere während der Session zur Vergabe vom geplanten Business Value kann es vorkommen, dass zwischen Business Owner und dem Team primär darüber diskutiert wird, welche Zahl zwischen eins bis zehn den Business Value zu einem definierten PI Objective am besten widerspiegelt. Als Hilfsmittel, um zu einer Einschätzung über den angemessenen Business Value zu kommen, werden Vergleiche mit den Business Values aus vorherigen PIs hergestellt oder sogar eine Art «Referenz» PI Objective mit definiertem Business Value herbeigezogen. Ist die Diskussion zwischen Business Owner und dem Team an diesem Punkt angekommen, liegt der Fokus auf der idealen Zahl und nicht mehr auf dem Austausch sowie dem durch die Erreichung der PI Objectives geschaffenen Kundenmehrwert.

Fehler 4: Die vergebenen Business Values werden als KPIs missbraucht

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Business Value als Messgrösse zu nutzen, wie es zum Beispiel im Rahmen des «Program Predictability Measure» der Fall ist. Schwierig wird es jedoch dann, wenn nebst diesem relativen Wert versucht wird, auch die absoluten Business-Value-Zahlen zwischen verschiedenen Teams zu vergleichen. So hat ein Team allenfalls mehr PI Objectives mit einem Business Value zwischen acht und zehn, während die vergebenen Business Values bei einem anderen Team tiefer ausfallen. Teamübergreifend und vor allem ART-übergreifend können die Werte jedoch nicht direkt miteinander verglichen werden. Es gibt bei der Vergabe vom Business Value – erst recht nicht, wenn verschiedene ARTs und ihre Teams unterschiedliche Business Owner haben – keine gemeinsame Grundlage, welche definiert, dass ein Business Value von beispielsweise sieben in jedem Fall den gleichen Kundenmehrwert bietet. Es ist entsprechend gefährlich, basierend auf den absoluten Business Values Vergleiche über verschiedene ARTs herzustellen.


Fazit

Um das Potenzial der Vergabe von Business Value zu definierten PI Objectives ausschöpfen zu können und die zuvor genannten Fehler zu vermeiden, ist es essenziell, dass alle involvierten Personen ein gemeinsames Verständnis darüber haben, was das Ziel der Vergabe von Business Value ist und welche Erwartungen an ihre Rolle im Kontext der Business-Value-Vergabesession vorhanden sind. Der Fokus der Session sollte dabei klar auf der Diskussion zwischen Business Owner und Team liegen. Durch diesen Austausch soll ein gemeinsames Verständnis über die definierten PI Objectives und den gelieferten Kundenmehrwert geschaffen werden.

Um ein solches gemeinsames Verständnis sicherstellen zu können, reicht es in der Regel nicht, dass zum Zeitpunkt der Einführung von SAFe eine Schulung mit allen involvierten Personen durchgeführt wird. Vielmehr ist es ein laufender Prozess. Gemäss Inspect and Adapt soll demnach laufend überprüft werden, welchen Maturitätsgrad die involvierten Personen auf dem Thema Business-Value-Vergabe aufweisen, welche Unklarheiten vorhanden sind und welcher zusätzliche Handlungsbedarf besteht. Insbesondere die Scrum Master und Release Train Engineer sind dabei in ihrer Rolle gefordert.

Durch eine strukturierte Moderation der Business-Value-Vergabesession, die Definition von Spielregeln zur Vergabe von Business Value sowie durch regelmässiges Einbringen von kleinen Refreshern zur Bedeutung und Wichtigkeit von PI Objectives und Business Value können Scrum Master und Release Trains Engineers die kontinuierliche Verbesserung des Austausches zwischen dem Team und Business Owner im Rahmen der Business-Value-Vergabe vorantreiben. Dadurch wird insbesondere dem zuvor genannten Fehler 1 entgegengewirkt. Gelingt es, diesen zu beseitigen und ein gemeinsames Verständnis über die Bedeutung der Session zu erlangen, so sinkt ebenfalls die Auftretenswahrscheinlichkeit der genannten Fehler 2 bis 4. Die Session zur Vergabe von Business Value kann dadurch ihr Potenzial entfalten und dem Business Owner und Team eine konstruktive Kommunikationsplattform bieten, im Rahmen derer das gemeinsame Verständnis und die Schaffung von Kundenmehrwert im Vordergrund steht.

Bild Katja Schneuwly

Autorin Katja Schneuwly

Katja Schneuwly ist als Professional Consultant bei der adesso Schweiz AG tätig. Als Scrum Master und Release Train Engineer hat sie mehrjährige Erfahrung im agilen Umfeld und kennt die Herausforderungen der Einführung agiler Frameworks.

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