4. Februar 2016 von Isabell Ehnert
Innovative Wissensvermittlung
Information versus Aufnahmespanne
Jedes Unternehmen definiert Prozesse, Richtlinien und Guidelines, die als Spielregeln für das gemeinsame Arbeiten gelten. Prozessbeschreibungen sind meist formale und wenig mitreißende Texte, die im Optimalfall ein hohes Maß an Wissen beinhalten. Allerdings ist es für den Leser in vielen Fällen schwer, die Kerninformationen zu filtern und dauerhaft zu behalten.
Auch adesso greift auf entsprechend definierte Prozesse zurück. Bedingt durch das starke Unternehmenswachstum, steigt die Herausforderung, allen neuen Mitarbeitern die benötigten Informationen zu vermitteln, die vorhandenen Prozesse zu erläutern und eine Basis zur Zusammenarbeit zu schaffen.
Ein Beispiel dafür ist der Angebotsprozess. Die Notwendigkeit eines definierten Prozesses ergibt sich daraus, dass in der Regel mehrere Personen aus verschiedenen Bereichen an einem Angebot arbeiten. Der Prozess hilft beispielsweise bei der Organisation der Kommunikation, der Qualitätssicherung und beim Einhalten von Abgabefristen. Dieser Angebotsprozess ist im Proposal Management verankert. Das Proposal Management unterstützt die Angebote aus allen operativen Bereichen und hält die Fäden der Angebotserstellung zusammen. Um neue Mitarbeiter bzw. neue Beteiligte im Rahmen der Angebotserstellung mit dem Prozess vertraut zu machen, wird dieser in gekürzter Form mit Hilfe von Power-Point-Folien präsentiert.
Reine Prozesspräsentationen können dem Zuhörer allerdings häufig nicht den Umgang mit diesem im beruflichen Alltag vermitteln. Die Aufnahmespanne ist schnell überschritten und ein mühseliger Kampf mit dem Dokument beginnt im Nachgang zur Präsentation. Am Ende ist es meistens doch so, dass das Papier gewinnt und der Nutzer denkt: „Es ist ja an Ort xy abgelegt – ich schau dann nach, wenn ich Input benötige“.
Dies kann dazu führen, dass neue Kollegen den Prozess nicht vollkommen verstehen und eine gemeinsame Basis für ein optimales Zusammenarbeiten fehlt.
Prozessverantwortliche stehen dadurch immer wieder vor der Frage, wie der Prozess so dargestellt werden kann, dass die wichtigsten Punkte geklärt sind und nachhaltig im Gedächtnis bleiben.
Die Suche nach dem innovativen Werkzeug
Diese Fragestellung beschäftigte auch das Proposal Management. Der Angebotsprozess ist ein elementarer Baustein der Zusammenarbeit von Angebotsteams und dient zur Erstellung eines korrekten Angebots. Des Weiteren ist der Angebotsprozess fester Grundbestandteil der Proposal-Management-Schulungen sowie des Onboardings neuer Mitarbeiter und Mitglieder des Angebotsteams. Die bisher verwendete Power-Point-Präsentation sollte durch ein innovativeres Werkzeug der Wissensvermittlung ersetzt werden. Der Anspruch an dieses neue Werkzeug war eine moderne und innovative Darstellung der wichtigsten Merkmale der verschiedenen Angebotsprozessphasen sowie ein besonderer Fokus auf die tatsächlich Beteiligten. Die Prozessschritte sollen optimal vermittelt werden und, im besten Fall, nicht kurzfristig, sondern langfristig im Gedächtnis bleiben.
So entstand die Idee, die wichtigsten Beteiligten und Ressourcen des Angebotsprozesses in einem realitätsnahen Umfeld darzustellen. Der Prozess wird dadurch für den Leser erlebbarer und realer als eine einfache grafische Darstellung. Die Entscheidung fiel auf das Medium des Bildes. Das Endprodukt sollte sowohl professionell als auch innovativ und sympathisch sein. Die Überlegung war, einfache Fotos so zu bearbeiten, dass sie lebendig und ansprechend wirken. Ein Comic ist als Medium hierfür bestens geeignet. Aufgrund der einfachen Realisierbarkeit sollte es ein Fotocomic werden. In dieser Form werden die Bilder nicht gezeichnet, sondern Fotos nach einem Drehbuch produziert und dann in einen Comic übertragen.
Der erlebbare Prozess
Die Geschichte des Comics war gesetzt – von der Bekanntmachung bis zum abgegebenen Angebot. Darüber hinaus werden alle Phasen des Angebotsprozesses dargestellt und die jeweiligen Beteiligten präsentiert. Der Leser wird abgeholt und kann in die Geschichte des Angebotes eintauchen. Mitarbeiter spielen als Statisten eine sehr wichtige Rolle, um realitätsnahe Bilder für den Comic zu produzieren.
Vom Foto zum Comic
Die Erstellung begann mit dem Schreiben eines Drehbuches. Was genau soll auf welchem Bild dargestellt werden und welche Requisiten werden benötigt? Neben dem schriftlichen Drehbuch wurde zusätzlich ein Screen Play mit Beispielbildern erstellt. Die Beispielbilder dienten am Tag des Fototermins dazu, den Kollegen eine Idee zu geben, wie die Erwartungen sind und einen möglichst reibungslosen sowie zeitsparenden Ablauf zu garantieren. Parallel wurden zu den Fotos die entsprechenden Texte formuliert. Auch hier galt, die wichtigsten Informationen in kurzen prägnanten Sätzen zu verpacken, um dem Bild den angemessenen Mehrwert zu geben. Nach drei erfolgreichen Fotoshootings wurden die Bilder mithilfe einer Software in das ansprechende Comic-Retro-Format verwandelt.
Bei allen Designaspekten musste sichergestellt werden, dass der Comic auch den Grundnutzen erfüllt, den Angebotsprozess verständlich und knackig zu präsentieren. Tests mit Kollegen, die mit dem Prozess noch nicht vertraut waren, dienten zur Sicherstellung, dass der Wissenstransfer im gewünschten Maße funktioniert. Ihr Feedback wurde eingebaut und der Comic erhielt den Feinschliff.
Go Live
Der Comic ist im A5-Format in 1.000facher Auflage erschienen und wird in Proposal-Management-Schulungen sowie im Onboarding neuer Mitarbeiter erfolgreich eingesetzt. Eine vollständige Prozessdokumentation kann ein Comic selbstverständlich nicht ersetzen, aber um einen ersten Einblick und einen groben Überblick zu den wichtigsten Schritten und Meilensteinen zu erhalten, hat sich diese Form durchaus bewährt.
Zum Thema Lernen und Wissensvermittlung gibt es diverse Methoden, Theorien und Anhaltspunkte, die Best-Practice-Anwendungen darstellen. Welche Erfahrungen hast du gemacht? Wie findest du die Idee, Prozesse mit einer Geschichte zu präsentieren um sie „lebendig“ darzustellen?