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Wir schreiben das Jahr 2008, das Jahr der globalen Finanzkrise, in dem zahlreiche Banken grosse Herausforderungen zu bewältigen hatten. In jeder Krise entstehen aber auch neue Chancen. Eine Gruppe von Programmierer:innen wollte schon Jahre davor eine digitale, kryptografische Währung schaffen – unabhängig von Banken oder Staaten. Auch die Cypherpunks – eine Gruppe von technisch versierten Menschen, die sich für die weitere Verbreitung des Datenschutzes in der Elektronischen Datenverarbeitung einsetzen – machten sich Gedanken darüber. Im Jahr 2008 schien der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein. So wurde das «Krisenkind» Bitcoin geboren. Was zunächst als digitale Währung begonnen hat, entwickelt sich bis heute in eine gänzlich neue digitale Finanzwelt, basierend auf der Blockchain-Technologie.


Die zeitliche Entwicklung der Blockchain-Technologie im Überblick:

Wann Was

2008

Satoshi Nakamoto (ein anonymisierter Verfasser, dessen Identität bis heute nicht bekannt ist)
veröffentlicht in einem Whitepaper die Beschreibung des Bitcoin Zahlungssystems. In diesem
Kontext ist zu erwähnen, dass der Versuch einer digitalen Währung bis in die 1990er Jahre zurückgeht,
wo die Cypherpunks schon im frühen Zeitalter des Internets erkannt hatten, wie wichtig der Daten-
schutz ist. Mehrere Versuche wurden unternommen, um Digitales Geld zu entwickeln, das nicht durch
einen Staat oder einer Bank herausgegeben und kontrolliert werden kann. Mit der Einführung von
Bitcoin ist ein konkretes handelbares, digitales Geld entstanden.
2009
Bitcoin entsteht als Open Source Referenzcode auf der Blockchain. Ausser dass Bitcoin als Kryptowährung
erworben werden kann, passiert noch nicht viel auf der Blockchain.

2010

Bitcoin hat einen Wert von 0.08 Cent. Erstmals wurde mit Bitcoin in Amerika ein Produkt gekauft.
Das waren 2 Pizzen für 10'000 BTC (!)

2012

Non-Fungible Tokens (NFT’s) entstehen erstmals auf der Bitcoin Side-Chain Counterparty. Eine sinnvolle
Anwendung findet zu diesem Zeitpunkt noch nicht statt. Dazu braucht es den wichtigen Beitrag von
Vitalik Butterin im Folgejahr 2013.

2013

Der kanadischer Software Entwickler Vitalik Butterin stört sich an der begrenzten Programmierbarkeit von
Bitcoin. Deswegen entwickelt er Ethereum.

2014

Die Entwicklung von Ethereum eröffnet der Krypto-Community neue Anwendungsfälle. Auch diese
Anwendungen basieren auf der Blockchain-Technologie.

2015

Einer dieser neuen Anwendungsfälle liegt bei Ethereum, welcher als Smart Contracts erweitert wird.
Diese erlauben nicht nur die Speicherung von Tokens, sondern auch andere Vermögensgegenstände wie
Verträge, Anleihen etc. Die Blockhain 2.0 Ära beginnt.

2017

NFT's wird mit CryptoKitties zum Mainstream (CryptoKitties ist ein Online-Spiel, das Spieler:innen erlaubt,
verschiedene Arten von virtuellen Katzen als NFT’s zu kaufen, verkaufen, sammeln und züchten).
In diesem Jahr hob der Bitcoinpreis von rund 920 USD (Januar 2017) auf über 13'000 USD (Dezember 2017).

2018

In den folgenden zwei Jahren bis 2020 werden wichtige Grundsteine für zukünftige NFT-
Massenanwendungen gelegt. Inzwischen sind NFT’s in zahlreiche weitere Wirtschaftszweige
eingedrungen: Sport, Film, Musik, Freizeit, Finanzen und Sammlerstücke.

2018

Im gleichen Jahr startet auch die Bewegung zu Decentralised Finance (DeFi). DeFi ist das analoge Banking,
das digital läuft. Das heisst sämtliche Finanzdienstleistungen (Handel mit Kryptowährungen, Kreditver-
gaben, Derivate, Versicherungen, etc.) sind über die Blockchain jedem frei zugänglich – unabhängig
von Banken oder sonstigen Intermediären.

2020

Es ist das Jahr des Corona Lockdowns, während dem viele DeFi-Anwendungen entwickelt werden.
DeFi beginnt in diesem Jahr zu boomen. Einer der Zünder ist Compound (COMP). COMP funktioniert wie
eine traditionelle Bank. Man hinterlegt verschiedene Kryptowährungen und erhält einen jährlichen Zins.

Die rasanten Entwicklungen im Bereich DeFi lassen ein neues Ökosystem aus Finanzanwendungen
entstehen. Bis zum Ende des Jahres steigt der Bitcoinpreis enorm, nahe an die 30’000er USD Grenze.

2021

Bitcoin erreicht in diesem Jahr sein Allzeithoch von fast 67'000 USD. Ein Antrieb, den es unter anderem
auch der Pandemie zu verdanken hat, welche die Weltwirtschaft eindämmte und die Investition in
Kryptowährungen auch Kleinanleger und gewöhnliche Menschen erreicht hat.

In diesem Jahr erleben NFT’s einen Hype. NFT-Marktplätze steigen auf und werden für Künstler
ökonomisch attraktiv. Es sind somit die Künstlerinnen und Künstler, die diesen Wandel in der breiten
Öffentlichkeit herbeigeführt haben.

2022

Der Bitcoinpreis fällt im Mai wieder unter die 30’000er USD Marke. Der Markt erlebt auch erstmals, dass
ein Stable Coin praktisch Konkurs geht – etwas, das eigentlich nicht passieren sollte. TerraUSD sollte
seinen stabilen Wert um 1 USD herum bewahren. Innerhalb einer Woche brach dieser jedoch um 90% ein.
Was ist passiert?

Um den Kurs stabil zu halten, mussten die Verantwortlichen hinter dem Stable Coin die Investitionen
darin ausgleichen, in dem sie im gleichen Masse in USD investieren. Im Falle von TerraUSD war dies nicht
ganz so. Anstatt in USD wurde in die Kryptowährung der Terra-Blockchain (LUNA) investiert. D.h. wer
einen TerraUSD im Wert von 1 USD «zerstörte», schaffte einen gleichwertigen LUNA-Coin. Man nennt
solche Stable Coins «Algorithmische Stablecoins». Da aber die Marktkapitalisierung von LUNA unter der
von TerraUSD gefallen ist, befand sich nicht mehr genügend Kapital, um die Kopplung von TerraUSD an
LUNA aufrechtzuerhalten. Und dies führte zu diesem Kurseinbruch.



Was mit einem Whitepaper von Satoshi Nakamoto vor 15 Jahren begann, führte zu einer Neuentstehung einer digitalen Finanzwelt, basierend auf Technologie und dem User selbst. Zwar wagen sich nicht nur Institutionen in dieses Neuland, sondern auch kleine Privatanleger suchen nach ihren eigenen Vorteilen.


Ist denn die Blockchain-Technologie schon ausgereift für den grossen Massenmarkt?

Aktuell noch nicht. Auch wenn interessante Use Cases bereits erste Anwendungen finden und in einigen Ländern der Regulator wohlwollend ihre Leitplanken für Innovationen in diesem Bereich gesetzt haben, gibt es dennoch einige Herausforderungen zu meistern.

Eine davon ist die Skalierbarkeit, sprich eine geringe Transaktionsrate und lange Dauer der Transaktionsvalidierung. Zum Beispiel schafft die Ethereum Blockchain 15 Transaktionen pro Sekunde bei einer Validierungszeit von 3-10 Minuten – im Vergleich dazu schafft das VISA-System 65'000 Transaktionen pro Sekunde bei einer Validierungszeit einer Transaktion innerhalb von Sekunden.

Ein weiterer Schwachpunkt ist der hohe Energieverbrauch. Die Ethereum Blockchain, welche am meisten genutzt wird, nutzt das Proof-of-Work Prinzip, das viele Rechner in Anspruch nimmt, um eine Aufgabe zu lösen. Energiegünstiger ist das Proof-of-Stake Prinzip, bei dem nur ein Rechner ausgewählt wird, um eine Aufgabe zu lösen. Nach diesem Prinzip sowie der Nutzung grösserer Blöcken kann nicht nur der Energieverbrauch reduziert werden, sondern die Blockchain wird enorm beschleunigt. Das Projekt EOS befasst sich beispielsweise damit.

Ein wichtiger Schwachpunkt ist zudem die fehlende Interoperabilität von verschiedenen Blockchains. In den letzten Jahren sind viele verschiedene Blockchains entstanden, die aber noch nicht miteinander kommunizieren können (Datenaustausch). Ohne diese Kommunikation wird jede Blockchain stark eingeschränkt sein und verlangsamt damit auch die Massenadoption. Es gibt bereits Projekte (REN Protokoll), die sich damit befassen, Informationen über verschiedene Blockchain-Systeme hinweg zu sehen und auf diese auch zuzugreifen. Diese müssen aber noch ausreifen und auch Akzeptanz finden.

Die Blockchain-Entwickler arbeiten bereits daran, diese Schwachpunkte auszuhebeln. In den kommenden Jahren werden wir erleben, wie diese Technologie den nächsten Reifegrad erreichen und die Massenadoption auslösen können.

Die Einführung von Bitcoin vor 15 Jahren war das Ergebnis einer langen Suche nach einer sicheren, digi-talen Währung. Die Blockchain-Technologie hat während dieser Zeit eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Es stehen nun technologische Grundlagen für ein gänzlich neues, anonymes, digitales, dezentrales Finanzsystem zur Verfügung, losgelöst von Staaten und Nationalbanken. Jedoch offenbarten sich bereits auch Schwachstellen dieser Technologie. Werden diese in naher Zukunft gelöst, so stehen der Entfaltung des dezentralen Finanzökosystems und der Massenadoption nichts mehr im Wege.


Bild Christina Mpakali

Autorin Dr. Christina Mpakali

Christina Mpakali ist Senior Banking Consultant und Teamleiterin von Business Consultants bei der adesso Zürich. Sie verfügt über langjährige Softwareprojekterfahrung im Bankenumfeld und besitzt eine höhere Ausbildung im Bereich Digitalisierung von Banken. Als Erweiterung dazu verfolgt Christina Mpakali die aktuellen Trends und Entwicklungen der Blockchain Technologie auf dem Markt, um ihre Kundinnen und Kunden künftig diesbezüglich beraten zu können.

Bild Alexander Eppenberger

Autor Alexander Eppenberger

Alexander Eppenberger ist Head of Business Line Banking der adesso Schweiz AG in Zürich. Sein Fokus liegt in den Themenbereiche Innovation, Change Management und digitale Transformation. Die Expertise umfasst Optimierung der Customer Journey, Verbesserung der Business Excellence mit KI und Cloud basierten Lösungen sowie Sicherstellung von Operational Readiness. Alexander Eppenberger hat Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG) studiert und unterstützt Finanzdienstleister mit der Bereitstellung einzelner Fachkräfte zu umfassenden Delivery Teams bis hin zur Validierung und Umsetzung disruptiven Produktlösungen von innovativen FinTechs.

Kategorie:

Branchen

Schlagwörter:

Blockchain

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